Kommentar zur Veranstaltung RAT 2004

Im Sommer 2004 erfuhr ich beiläufig, dass einige in der Randonneur-Szene bekannte Fahrer eine China-Reise planen, um dort eine brevetähnliche Langstreckenfahrt zu veranstalten. `So viele tausend Kilometer fliegen - bloß um ein paar Kilometer Rad zu fahren? Das muß ich nicht mitmachen`, dachte ich. `Paris-Brest-Paris alle vier Jahre ist Aufwand genug. Den Rest kann man wochenends zu hause fahren`. Ende September traf ich dann Wolfgang Kulow, der an der Organisation der Veranstaltung beteiligt war und mir von dem "Race across Taklamakan" berichtete. Da ich zufällig am Ende des Jahres zeitlich Luft besaß, habe ich mich in den folgenden Tagen dann doch dazu durchgerungen, die Gelegenheit einfach wahr zu nehmen.

In der kurzen Zeit vorher fällt es wirklich nicht leicht, einmal eine längere Strecke zu fahren, da es ja schon sehr früh dunkel wird, und die häufig feuchte Witterung zusammen mit kalter Luft ein Übriges tun, um einem den Spaß zu verderben.

Also trete ich die Reise, wenig vorbereitet, mit schlechtem Gewissen an. Die vielen Eindrücke, mit denen ich schließlich konfrontiert wurde, sind jedoch eher unerwartet gewesen. Die Zeitungen sind ja schon seit einger Zeit voll mit Informationen über ein sich stark entwickelndes, ja eigentlich boomendes China. Gut.Wir hingegen fahren ja nicht nach Peking, Shanghai oder irgendwelche anderen küstennahen Regionen, sondern in die abgelegenste nordwestliche Provinz, eine Wüstenlandschaft, umgeben von den Bergen Tibets und anderen, wirtschaftlich eher minder interessanten Staaten wie Afghanistan, Pakistan, Kirgisistan oder Kasachstan ...

Doch was man hier zu Gesicht bekommt ist wirklich beeindruckend. Einmal in Echtzeit mitzuerleben, wie dicht westliche Kultur des 21. Jahrhunderts und Mittelalter zusammen leben, das ist etwas, was einem Zeitung und Fernsehen nicht so hautnah vermitteln können. An jeder Ecke kann man erleben, welches enorme Potential an Arbeitskraft, verbunden mit Leistungswillen, Zufriedenheit und Geschäftstüchtigkeit in diesem Land steckt. Man muß die in einem aufkeimende Euphorie regelrecht zügeln und sich klar machen, wie viele Lehmhütten es neben den Wolkenkratzern noch gibt . . . und was eine fortlaufende Urbanisierung des Landes weltklimatechnisch bedeuten würde . . .

Trotzdem: Das Kennenlernen der Vielseitigkeit der chinesischen Kultur allein ist eigentlich schon den Aufwand der Reise wert.

Das eigentliche Rennen war natürlich auch ein tolles Erlebnis. Wenngleich man der morgendlichen Kälte ziemlich mißmutig gegenüber gestanden hat, so hat sich doch im Laufe der Etappen ein wirklich gutes Fahrgefühl eingestellt. Von mir erwartete Schwierigkeiten, wie Sandsturm, Versandung des Ketten-Antriebsstrages usw. sind nicht aufgetreten. Man muß allerdings dazu sagen, dass wir bezüglich der Witterung eher Glück gehabt haben. An beiden Etappentagen hielt sich der Wind in Maßen, unschön war nur, dass er meist von vorn kam.

Unterbringung

Die Unterbringung in den chinesischen Hotels war durchweg gut. Viel besser, als sie hätte sein müssen. Unerreichbar vom Komfortlevel ist natürlich das Urumchi Grand Hotel gewesen. Die Übernachtung in der Wüsten-Raststätte Tazhong, die wirklich etwas im Kontrast dazu stand möchte ich nicht in die Bewertung einfließen lassen, sondern als "Ersatzabenteuer" für die eigentlich geplante Zeltübernachtung im nächtlichen Wüstensand ansehen. ;-)

Verpflegung

Die Mahlzeiten während der ganzen Reise waren ohne Ausnahme als "gut und reichlich" zu bezeichnen. Aus der Planung, nach dem Langstrecken-Trip den ganzen Winter über als Badehosen-Model auftreten zu können, wurde leider nichts. Ich habe während der China-Woche eher zu- als abgenommen. Man nimmt bei dem chinesischen Essen allerdings mehr Fleisch zu sich, als man als Ausdauersportler gemeinhin gewohnt ist.

Eine Abwechslung ist dadurch gegeben, dass bei den Mahlzeiten in der Regel alle Fahrer um einen großen runden Tisch herum sitzen, auf dessen Platte sich diverse unterschiedliche Gerichte befinden. Diese Gerichte befinden sich alle auf einer drehbaren Platte, wodurch jeder Menüteilnehmer sich nach Belieben von den einzelnen Speisen nehmen kann. Wer schnell lernt, mit den Ess-Stäbchen umzugehen, hat natürlich einen entscheidenden Vorteil ...

"Probleme mit ungenießbarem Essen und für mitteleuroäische Mägen schwer verdaulichem Essen gibt es in China praktisch nicht - allein Wasser aus Wasserleitungen sollte man nicht in Mengen trinken" hat Timur Tatlici, der Ablauforganisator von ChinaTours einmal gesagt. Ich kann das nur bestätigen.

Betreuung

Die Betreuung durch die chinesischen Organisatoren war durchweg als sehr gut zu bezeichnen. Für das erste Mal ist die Veranstaltung wirklich prima abgelaufen. Danke für den bemühten Einsatz!

Dezember 2004, Uwe Krohne